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Mit 20 Küken über den Ärmelkanal

23 Bodenpunkte und Flächen in unmittelbarer Stadtnähe? Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für Landwirtschaft. Mit kreativen Ideen hat es Friedrich Wilhelm Haver-Rassfeld dennoch geschafft, aus dem Meierhof einen Vorzeigebetrieb zu machen.

Iris (2. v. r.) und Friedrich Wilhelm Haver-Rassfeld (hinten) mit ihren Kindern Thedel Wilhelm (l.), Hanna Friederike (mitte) und Tessen Johannes (r.)
Foto: Buthut

Ein paar hundert Meter vor den Toren Güterslohs, im Nordosten Nordrhein-Westfalens, liegt der Meierhof Rassfeld. „Seit dem Jahr 1088 befindet sich unser Hof in Familienbesitz“, erklärt Friedrich Wilhelm Haver-Rassfeld. Vor gut drei Jahrzehnten hat der 59-jährige studierte Landwirt den Betrieb von seinem Vater übernommen. Heute ist er Deutschlands einziger Freilandputenhalter, der nach den Richtlinien für besonders artgerechte Tierhaltung des Neuland-Vereins arbeitet, dessen Mitglied er seit 2013 ist.

„Einfach ist es nicht, in dieser Gegend Landwirtschaft zu betreiben“, berichtet Haver-Rassfeld. Die Böden seiner Flächen haben nur durchschnittlich 23 Bodenpunkte. Deshalb hat sich Haver-Rassfeld schon früh dazu entschlossen, auf kreative Einkommensalternativen zu setzen. Er baute 1987 eine Direktvermarktung auf und stellte den Betrieb auf Freilandputenhaltung um. Herkömmlichen Putenrassen waren aber nicht robust genug, um im Freien gehalten zu werden. Deshalb kontaktierte er den englischen Züchter Paul Kelly, der die widerstandsfähige Putenrasse „Kelly-Bronze“ gezüchtet hatte.

Friedrich Wilhelm Haver-Rassfeld im Hofladen. Foto: Buthut

Die ersten 20 Küken “schmuggelte“ Haver-Rassfeld vor 20 Jahren mit dem Auto von England nach Deutschland. Heute stallt Haver-Rassfeld alle drei Wochen rund 600 Küken auf, die nach und nach an die Freilandbedingungen gewöhnt werden. Auf den Flächen rund um den Meierhof können sie dann nach Herzenslust sandbaden, picken und auslaufen. Wenn es ihnen draußen doch mal zu ungemütlich werden sollte, finden sie in Mobil-Ställen Unterschlupf.

Im gut besuchten Hofladen werden neben frischem Fleisch und verarbeiteten Produkten auch Weine, Landspezialitäten und Kunstgewerbeartikel angeboten. Außerdem wird das Fleisch an 45 Fleischereien und Restaurants verkauft. Rund 50 Prozent der Produkte im Hofladen sind aus eigener Produktion, der Rest wird von anderen regionalen Herstellern zugekauft. Haver-Rassfeld hat auch eine Herz für kochfaule Verbraucher: Im Hofladen gibt es fertig gekocht und tiefgekühlt sogar ein ganzes Menü inklusive Rotkohl, Klößen und Putenfleisch zu kaufen.